Warum Rassehühner? Oder die Frage der nachhaltigen Hühnerhaltung im eigenen Garten.

Seit einigen Jahren erfährt das Hobby Hühnerhaltung eine Renaissance; immer mehr Menschen entdecken die Vielfalt der Hühnerrassen und den Charme und individuellen Charakter der Tiere. Das „dumme Huhn“ hat wirklich als Karikatur ausgedient. Nur wo die Tiere kaufen? Extrem praktisch erscheinen da die Gefügelwagen, die mehrmals im Jahr eine auf den ersten Blick bunte Vielfalt an Hühnern anbieten. Die Tiere dort zu kaufen erscheint einfacher, als sich an Züchter zu wenden, gerade in unserer auf sofortige Verfügbarkeit ausgerichteten Konsumwelt. Und selbstverständlich können nicht alle Züchter eine so große Zahl Tiere aufziehen und jede Nachfrage zufrieden stellen, besonders da fast immer nur Hennen und keine Hähne gewünscht sind und häufig eine bunte Mischung gefordert wird. Nicht zuletzt geht es bei der Frage Hybriden oder Rassehuhn auch um die Frage, warum man sich eigentlich Hühner im heimischen Garten anschaffen möchte?

Hybride: Besser als ihr Ruf?

Wirtschafts-Mixe, aka Hybriden, sind ebenso lebens- und liebenswerte Tiere wie Rassehühner, das sollte selbstverständlich sein geht man doch mit Lebewesen um. Man kann sogar eine Bresche für Kreuzungen schlagen, können sie bei guter Züchtung doch das Beste aus den Elterntieren vereinigen. Selbstverständlich basieren Rassehühner ursprünglich auch auf der geschickten Verpaarung unterschiedlicher Ausgangsrassen. Das Ziel der Rassegeflügelzucht ist jedoch, die der jeweiligen Rasse zugeschriebenen Merkmale hinsichtlich Erscheinungsbild, Leistung und Verhalten in möglichst idealer Ausprägung zu festigen; auch über viele Generationen hinweg. In der industriellen Zucht wird hingegen mittels professioneller Kreuzung bestimmter Großeltern- und Elterntiere das ideale Wirtschaftshuhn kreiert; die Merkmale sind jedoch nicht gefestigt und würden bei Weiterzucht wieder aufsplitten.

Crève-Coeur Hühner, eine seltene französische Hühnerrasse

Nachhaltigkeit und Tierwohl

Für die wenigsten Neu-Hühnerhalter steht die Legeleistung im Vordergrund; es steht schnell fest, dass ein Huhn welches einen Namen erhalten hat, nicht bei nachlassender Legeleistung sofort in den Topf wandert. Anderen Einsteigern ist hingegen die Wirtschaftlichkeit durchaus wichtig, Stichwort Selbstversorgung. Es besteht der Wunsch nach einer robusten Zweinutzungsrasse, die Eier und Fleisch liefert und gute Futtersucher sind. In beiden Fällen steht außer Frage, dass es den Tieren gut gehen soll, das Tierwohl ist ein Glück in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus gerückt: die stark technisierte Haltung von Nutztieren und extreme Leistungsmaximierung zum Nachteil des Tierwohls geraten in den Fokus. Man braucht nur das Stichwort Kükenschreddern zu nennen, um sich des ethischen Dilemmas der industriellen Tierhaltung bewusst zu werden. Nur, warum kauft man dann Tiere aus der industriellen Produktion für den heimischen Garten?

Haltung

Wirtschaftshybride sind ideal an industrielle Ansprüche angepasst. Die Haltung hat wenig mit der ursprünglich bäuerlichen oder heutigen Hobbyhaltung gemein. Viele Halter denken sogar den Tieren einen Gefallen zu tun, wenn sie weniger „gehaltvoll“ füttern. Die Armen sollen doch gar nicht so viele Eier legen müssen. Nur sind Hybride genetisch optimiert und leiden an der Mangelversorgung. In der Industrie werden die Legehennen nach einer Legeperiode ausgestallt und geschlachtet und sind in der konventionellen Haltung häufig ausgezehrt.

Bunte Hühnertruppe im Garten (Orpington, Deutsches Lachshuhn; Foto: Sonja Voget)

Monopolisten vs. Rassegeflügelzüchter

Das größte Problem der industriellen Geflügelproduktion und damit der Wirtschaftshybriden ist jedoch die Intransparenz: Es herrscht ein Monopol weniger Großkonzerne, die Züchtung ist Geschäftsgeheimnis und man muss die Kreuzungen nachkaufen, da eine Nachzucht nicht möglich ist. Ein Glück gibt es hier Initiativen, die gegensteuern wie die ökologische Tierzucht. Diese sollte man auch beim Kauf von Geflügelprodukten unterstützen, da nur so ein Umdenken gefördert wird.

Mit der Zucht von Rassegeflügel tragen Züchter hingegen in erheblichem Maße zum Erhalt der genetischen Vielfalt bei. Viele Hühnerrassen blicken zudem auf eine weit über hundert Jahre bestehende Entstehungsgeschichte zurück und sind teilweise vom Aussterben bedroht. Die Rassegeflügelzucht dient neben dem bewahren möglichst vieler Rassen als ein Stück Kulturgut, somit auch dem Erhalt der genetischen Variabilität für unsere Zukunft.

Vor diesem Hintergrund muss sich jeder Interessierte fragen: Macht es Sinn im industriellen Maßstab produzierte Hybride für die Hühnerhaltung im Garten zu kaufen?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert